Kalifornien

15 Fahrtage; Gesamtstrecke 1.850 km

Crescent City ist die erste Stadt in Nordkalifornien. Dort treffe ich am Abend des 16.08.2006 ein. Ich frage eine Frau nach einem Campingplatz. Sie fragt zurück, ob ich Deutscher sei. Ihr Mann Mario kommt dazu. Er ist Feuerwehmann in Los Angeles und stammt aus Berlin. Er zeigt mir den Camping-platz, lädt mich jedoch zu sich nach Hause ein. Nach dem Pizzaessen zeigt er mir sein tolles Haus, in dem über Nacht bleiben kann. Ein erneuter Beweis der Hilfsbereitschaft der Amerikaner. Seine Frau erklärt mir am nächsten Morgen eindringlich, dass es wichtig ist, mit Helm zu fahren. Ich beherzige das auch sofort. Ab jetzt werden die Berge an der 101 wieder höher und steiler. Die ersten Redwood-Wälder tauchen auf. In den letzten Tagen treffe ich doch viele interessante Mitfahrer. Da ist ein Bremer, mit dem ich drei Minuten in englisch unterhalte, bevor wir merken, dass wir auch deutsch können. Danach habe ich die erste Begegnung mit einem Baseler Paar. Ich übernachte auf einem Campingplatz in Eureka. Nach Eureka beginnt die "Avenue of the Giants", die Straße der gigantischen Redwoods. Die Bäume sind über 100 Meter hoch. Die Straße ist sehr eng und wenn keine Autos in der Nähe sind, herrscht eine wunderbare Stille. Man kommt sich vor, wie in einem großen Dom. Ich treffe 2 Radfahrer aus Fresno. In Garberville laden mich die beiden zum Dinner ein. 2 Meilen später haben die beiden ihren Pickup stehen. Der Mann lädt mein Gepäck auf und ich fahre mit der Frau die nächsten 20 Meilen (32 km) in 1 Stunde. Hut ab, es stellt sich heraus, dass die Dame schon Cross-America gefahren ist. Dann ist ja alles klar.


Nach dem Benbow Lake steigt die 101 kontinuierlich an, die Fahrt geht weiter durch den restlichen Redwood . Bei Leggett zweigt die berühmte "One" von der "One-o-one" ab. Hier fährt man auch durch den berühmten Baum. Danach kommt der höchste Punkt der gesamten Pazifiktour, der Leggett-Hill (609 m hoch). In rasender Abfahrt geht es danach wieder hinunter zur Küste. Es ist ziemlich kalt.

Die Küste ist jedoch wunderschön und erinnert mich an Kroatien, aber auch anstrengend zu fahren. An diesem Samstag erfahre ich, dass Werner und mein Sohn wieder wohlbehalten in Deutschland angekommen sind. Ich übernachte in dem schönen Städtchen Mendocino. Inzwischen habe ich mich an das Alleinfahren gewöhnt und entschließe mich, von der Pacific-Route abzufahren. Es geht über die Berge ins Landesinnere zum Clear Lake. Dort lege ich einen Ruhetag ein. Auf einen ruhigen State Park relaxe ich, gehe baden, esse die ersten mexikanischen Taccos und lerne Leute kennen. Danach geht es am nächsten Tag in Richtung Süden ins Weinanbau-Gebiet Napa Valley. Dazu muss ich jedoch zunächst auf 900 Meter Höhe hinauf. In Santa Rosa nehmen mich 2 Amerikaner mit nach Hause. Ich kann auf dem Grundstück mein Zelt aufbauen. Abends treffe ich die Nachbarin der beiden; Ute kommt aus Deutschland und es ist schön, mal wieder deutsch zu sprechen. Ich fahre wieder zurück an die Küste.

Nun nähere ich mich langsam einem weiteren Highlight der Tour: San Francisco ist nicht mehr weit. In Sausolito kommt dann der Gänsehautblick auf die Golden Gate und die weiße Stadt San Francisco. Auch die Überquerung der Brücke hat etwas Magisches. Ich suche mir ein Hotel und bleibe 1 ½ Tage in der Stadt und schaue mir natürlich die Höhepunkte alle an: Chinatown, Pear 39, Hard Rock Cafe, die steilen Straßenzüge am Russian Hill mit den Cable Cars etc. etc. Abends fahre ich dann noch aus S.F. heraus bis nach Pacifica, finde dort aber keinen Campingplatz. Ich schlage deshalb mein Zelt einfach "wild" am Strand auf und verbringe eine ruhige Nacht.

Ich fahre nun die nächsten 7 Tage auf der berühmten "One", die viel besungen und als Legende in die moderne Zeitgeschichte eingegangen ist. Die Strecke ist wunderschön, aber auch sehr hart mit vielen Steigungen, viel Verkehr, morgendlichem Nebel und Kälte, die dann nachmittags mit Sonne und Hitze abgelöst werden. In Monterey schaue ich mir das wunderschöne Aquarium an und bewundere die schönen Häuser am berühmten "17-Miles-Drive". Der danach folgende Abschnitt "Big Sur" ist mit der schönste Teil der gesamten Küste, dafür aber auch sehr anstrengend zu fahren. Ich treffe zum drittenmal das Paar aus Basel. Danach folgt der 2. längste Tagesabschnitt, ich fahre 170 km bis nach Lompoc. Überall riesige landwirtschaftliche Flächen mit Kürbissen, Blumen und Gemüse. Am nächsten Tag macht sich die Nähe von Los Angeles schon früh bemerkbar. Der Verkehr nimmt zu, in fahre auf dem Freeway und habe 2 schwere Berge zu überwinden. Morgens hatte ich vergessen, Wasser aufzufüllen, so dass mir nur ein ½ Liter für 50 km zur Verfügung stehen. Ins schöne Santa Barbara geht es dann flach hinein. Ich fahre weiter bis Ventura und übernachte auf einem Campingplatz am Freeway. In der Nacht quälen mich die Waschbären, die sich nur schwer vertreiben lassen.

Samstag, den 02.09.2006, der letzte Fahrtag liegt vor mir. Ich fahre im 7.00 Uhr los und es ist endlich sonnig und kein Nebel. Südkalifornien ist erreicht. Zunächst habe ich mich total verfahren und fast eine Stunde verloren im Strassengewirr. Die letzte Etappe ist flach, es sind jedoch wieder 180 km, die ich vor mir habe. Rechts der "One" beginnen die legendären Sandstrände von Malibu. Baywatch läßt grüßen. Danach Santa Monika, der nördlichste Stadtteil von Los Angeles am Pazifik, gefolgt von Venice Beach, dem legendären Stadtteil der Fitnessfanatiker. Ich tauche in eine Welt ein, die ich bisher auf dem Fahrrad noch nicht erlebt habe. Autobahnen, Freeways, hunderte Brücken und Unterführungen, riesige Industriegebiete, Hä-fen, unzählige Bootsanlegestellen, endlose Strände, schöne Häuser etc. etc. Ich passiere die zweitgrößte Stadt der USA mit fast 15 Millionen Einwohnern. Mein Freund Werner hat in Deutschland einen Kontakt zu einer in L.A. lebenden deutschen Familie hergestellt, bei der ich bis zum Heimflug bleiben kann. Es ist die Familie Dämrich. Conny ist die Schwester eines Sportkame-raden der Alt-Herren-Fußballer. Sie leben im Süden von L.A. im Stadtteil Huntington Beach, unweit vom Pazifikstrand. Bei der gastfreundlichen Familie bleibe ich 2 Nächte und schaue mir mit Rad und ohne Gepäck ausführlich die weltbekannten Sehenswürdigkeiten der Metropole an. Am 05.09.2006 trete ich den Heimflug an und werde ich Frankfurt von zwei Freunden empfangen.

Fazit:

Die anspruchsvolle Tour begann mit meinem Sohn und meinem Freund Werner in Kanada. Wir wollten gemeinsam diese phantastische Route durch mehrere Klimazonen der USA erleben. Es begann sehr verheißungsvoll, jedoch hatte das Schicksal mit uns etwas anderes vor. Nach 8 Tagen kam der Schock und das Aus der Tour drohte. Doch dann kam die Wende. Ich nahm die Tour zunächst mit sehr gemischten Gefühlen alleine wieder auf. Werner ging es schnell wieder gut, das war beruhigend für mich. Und so durfte ich eine Reise fortsetzen, die mich an viele wunderschöne Plätze des nord-amerikanischen Kontinents brachte. Große zwischenmenschliche Erfahrungen waren der Kontakt und die Hilfsbereitschaft von vielen Menschen, die mich spontan einluden und weiterhalfen, wenn es schwierig wurde. Die Tour war sehr anspruchsvoll und auch recht schwer. So haben andere Radfahrer, die die Strecke gefahren sind, festgehalten, dass auf den 3.000 Kilometern über 25.000 Höhenmeter zu überwinden sind. Alles in allem bin ich sehr froh und ein wenig stolz, dass ich es geschafft habe.    

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